Norwegen - kreuz und quer durch den Südwesten

  • Am Campingplatz in Kinsarvik müssen wir feststellen, was für Weicheier wir doch sind. Wir in Fleecejacken, norwegische Kinder am Strand mit Badehose.
    Am nächsten Tag geht es durch das Husedalen, vier Wasserfälle auf einer kleineren Wanderung. Beim Start (in Kinsarvik, also auf Meereshöhe!) überlegen wir, ob wir Handschuhe anziehen. Tun's dann doch nicht und frieren.



    Auf dieser Wanderung kann man bis an den Rand des Nationalparks Hardangervidda gelangen. Tun wir dann nicht, haben vorerst genug Wasser gesehen.
    Gegen Abend kommt die Sonne raus. Der Wetterbericht verspricht nun 3 (d_r_e_i !) schöne sonnige Tage. Also auf zur Trolltunga. Das war der Hauptgrund, warum wir hier sind. Die mehrtägige Wanderung auf der Hardangervidda haben wir uns schon länger abgeschminkt. Zuviel Regen, Schnee ab 1000 m und die Sommerbrücken stehen ganz sicher noch nicht.


    Skydiverulli hat in seinem Norwegen-Bericht auch die Trolltunga vorgestellt. https://www.kastenwagenforum.d….31738/page-2#post-418101
    Aber ziemlich andere Fotos .... Wir hatten richtig viel Schnee da oben. Dafür weniger Leute, was sicher auch an unserem Prinzip lag, Aktivitäten gegen den Strom durchzuführen. Wenn die Massen runterlaufen, steigen wir auf und umgekehrt. (Bei unserem Weg auf den Preikestolen sind wir übrigens keinem einzigen Menschen begegnet ....)


    Wir parken am unteren Parkplatz. Es ist völlig verständlich, dass der Weiterweg für Wohnmobile gesperrt ist. Zu schmal ist die Straße. Vom erwarteten Shuttlebus jedoch keine Spur. Wir sind spät dran (auch wegen einer langen Straßensperrung wegen Sprengarbeiten) und haben's ein bisschen eilig. Das Abendlicht an der Trolltunga will genutzt sein! Wir laufen los, dann eben zusätzliche 5 km Asphalt. Nach ca. 1 km hält ein Landrover mit zwei Jungs aus Wuppertal und nimmt uns mit. Glück gehabt. Um 15 Uhr nehmen wir den Anstieg unter die Füße.




    Ab etwa 900m Höhe kommen die Schneefelder.





    Es kommen uns sehr viele Menschen entgegen. Mehr, als ich vorher dachte. Wir stellen fest, dass die Trolltunga bei deutschen Touristen nicht so populär ist wie bei Engländern, Spaniern, Japanern, Franzosen - und den Norwegern selbst. Viele Nationalitäten hier unterwegs, kaum Deutsche.


    An der Trolltunga kommen wir gegen 21 Uhr an und der Andrang hält sich in Grenzen. Eine Gruppe aus Indien ist auch hier.






    Überrascht sind wir über die Vielzahl an Zelten hier oben, so zw. 20 und 30 dürften es sein, weit verstreut. Die Zeltmöglichkeiten sind prima, kein Vergleich zum Preikestolen. Uns fällt noch auf: Wir sind mit Abstand die ältesten, die hier campen.




    Die Nacht ist kalt, knapp über 0. Und die Sonne lässt sich am nächsten Morgen etwas Zeit. Toller Blick auf Ringedaslvatnet und Folgefonna


  • Yep, tolle Bilder und schöner Bericht. :)


    Wir fahren erst Anfang September und hoffen, dass der große Run dann durch ist.

    Gruß aus der Südpfalz, Martin
    Knaus BoxStar Road 540 mit Raumbad (Fiat Ducato 250, 130PS, Autom.) aus 6.2014. Ohne Werksbeklebung, Markise, Trittstufe, Remis-Verdunklung. Mit Sonderlackierungen, Fensterfolie, Trennvorhang, 2. Aufbaubatterie.

  • Wieder am Parkplatz in Tyssedal angekommen (diesmal mit dem Shuttle ab dem oberen Parkplatz, wir waren die einzigen Passagiere) fahren wir weiter nach Bergen. Durch den strahlenden Sonnenschein seit Stunden und dadurch aufgeheizten Kasten mache ich anfangs die Klimaanlage an - das einzige Mal in Norwegen. Die Fahrt geht durch den Folgefonna-Tunnel, Fjordfähren und dann in etwa am Hardangerfjord entlang. Kurz vor Bergen passieren wir den begehbaren Wasserfall Steindalsfossen.


    So sieht es hinter dem Wasserfall aus, jedenfalls mit 1/15 Sek. Belichtungszeit:


    Auf einem gut gefüllten Campingplatz bei Bergen besteht dann der Womo-Nachbar auf eine drei Meter breite Stellfläche für seine beiden Stühle und den Tisch. Wir wollen weder messen noch diskutieren - für solche Nachbarn ist uns der Urlaub zu schade und so fahren wir auf den nächsten - der zudem noch wesentlich schöner ist. Vom CP geht es dann mit Bus und Straßenbahn in die Stadt. Von Bergen jetzt mal nur zwei Fotos, und nicht die immer wieder gesehene Front der Hansehäuser.




    Nervig finden wir dann doch die vielen Touristen. OK, wir sind auch welche. Aber wenn dann gleich drei Kreuzfahrtschiffe (darunter die "Queen Elisabeth") hier vor Anker liegen, wird es verdammt voll. Witzig finden wir dann doch die Gruppen, die einem in die Höhe gehaltenen Nummernschild hinterherlaufen, aber die Segway-Gruppe hat uns eher peinlich berührt. Am nächsten Tag sind wir wieder weg. Das beste an Bergen: Die Kaffeerösterei und die frischen Blåbær-Muffins. Es waren auch kaum Touristen hier, da sie etwas abseits der Trampelpfade liegt.


  • Am nächsten Tag schon wieder Sonne. Matthias hat am Vortag im Outdoorladen in einem Kletterführer geschmökert und darin einen vielversprechenden Fels entdeckt. Er versuchte, sich dessen Lage zu merken und heute suchen wir ihn. Wir finden einen etwas versteckten romantischen Friedhof, aber keinen bekletterbaren Fels.





    Aber wir finden eine schöne Wand aus Gneis mit ein paar blitzenden Bohrhaken. Sie muss nun als Ersatz herhalten. Wir klassifizieren ob des optischen Anscheins zwei Linien als für uns kletterbar und steigen ein. Gefühlt liegt die Schwierigkeit bei 8- bzw. 7 UIAA.




  • Unterm Strich würde ich sagen, wir hatten gar kein so schlechtes Wetter. Bis auf die Hardangervidda-Wanderung (es war einfach zu früh in diesem Jahr für solche Höhen) konnten wir alle unsere Ideen in die Tat unsetzen - bis auf eine, und das war nicht wetterbedingt. Grundsatz: Man muss das Wetter nehmen wie es kommt und das beste daraus machen. Die einzige Einflussmöglichkeit hat man durch eine Veränderung des Standortes und eine variable zeitliche Planung und so habe ich gelernt, dass Internetzugang doch ziemlich wichtig ist (dieser Ansicht hätte ich zuvor widersprochen). Den Wetterbericht haben wir oft aufgerufen um unsere Aktivitäten zeitlich und örtlich zu koordinieren. Noch ein Schmankerl der Tagesbericht auf wetter.com für Odda (wörtlich - und es fehlt keine Ziffer!): "Bestes Sommerwetter in Südnorwegen. In Odda strahlt die Sonne bei 3-12 Grad."


    Wenn es dann mal gar zu schlimm erscheint, hilft Galgenhumor.


    Außerdem: Das Licht hatte in der halben Stunde, in der auf dem Preikestolen die Sonne schien, etwas magisches. Viel schöner als von einem leergefegten Himmel.

  • Außerhalb der korrekten Reihenfolge hier nochmal ein Bild vom Kjerag mit Blick auf den 1000m tiefer gelegenen Lysefjord. Das Panorama aus drei Fotos im Querformat (Hochformat mit 28mm Brennweite bei FX reichte nicht) habe ich eben erst erstellt.


  • Drei Tage gutes Wetter müssen reichen. Wir sind südlich von Bergen auf der Insel Tysnesøy und besteigen den dortigen höchsten Gipfel Tysnessåta , immerhin 752 m hoch, also schon ein bisschen über dem nahen Meer. Laut Wanderführer soll sich oben eine fantastische Aussicht bieten.



    Wie man am Foto erahnen kann, wird es damit nichts. Laut Wetterbericht hätte es aufklaren sollen. Fahrradkette.


    Weiter geht es nach Skudeneshavn an der Südspitze von Karmøy. Das Städtchen gewann mal einen Preis für Norwegens am besten erhaltene Kleinstadt. Tatsächlich ist sie sehenswert.




    Zufälligerweise findet dort gerade ein Fest statt. Viele alte Boote im Hafen, alte Schiffsdiesel am Kai, jede Menge Gemäldegalerien in den Häusern. Aber nur norwegische Touristen.


    In einem Schuppen arbeitet ein Mann an einem Ruder. Als wir an seiner Arbeit Interesse bekunden, erklärt er uns, dass er einen Nachbau eines etwa 2000 Jahre alten Bootes, dessen Überreste bei Skudeneshavn gefunden wurden, mit den damals zur Verfügung stehenden Mitteln und Werkzeugen angefertigt habe. Es ist das Boot, dessen Foto im Hintergrund rechts zu sehen ist. Zwei Jahre habe er daran gearbeitet. Er zeigt uns speziell angefertigte Werkzeuge, erklärt, welche Holzarten verwendet wurden, wie es abgedichtet wurde etc. Stolz zeigt er uns den Bildband, der die Fertigung dokumentiert. Alle Erläuterungen in recht fließendem Englisch.


  • Nächste Station ist das "Nordvegen historiesenter" in Avaldesnes. Dieses heute eher unbedeutende Örtchen ist bekannt als alter norwegischer Häuptlingssitz und erster Königshof. Im Jahr 872 legte Harald Hårfagre (Harald Schönhaar) seinen Hof nach Avaldsnes und begründete damit den ersten Königssitz in Norwegen. Einige Zeit später soll hier auch ein Ausgangspunkt der Christianisierung Norwegens gewesen sein. Die Olavkirche, angeblich durch Olav Tryggvason gegründet, ist leider geschlossen. Das sehr sehenswerte Museum ist komplett unterirdisch - dadurch suchen wir es längere Zeit. Der Eingang ist recht unscheinbar, es ist verdammt diesig und regnerisch. Das Museum selbst ist wirklich lohnend.


    Einige hundert Meter laufen wir dann noch durch den Regen zu einem Freilichtmuseum auf einer vorgelagerten Insel. Dort wurde ein kleines Wikingerdorf originalgetreu nachgebildet. Leider werden die Häuser gerade geschlossen und so reicht es nur für ein schnelles Foto. Beim Auslösen stand ich in völliger Dunkelheit und habe nichts gesehen.



    Interessant sind die Fenster: Statt Glas (damals unbekannt) wurde Glimmer verwendet.


  • Das mit dem lokalen Wetterbericht (also nicht die suchmaschinenoptimierten deutschen Weltweitanbieter, die man sowieso in die Tonne treten kann, was mindestens Norwegen und Schweden angeht, Thema Regenradar), haut leider auch nicht ganz hin. Gerade am Meer können sich Lee- und Luv-Seite erheblich unterscheiden, den Berg von der falschen Seite bestiegen macht den Unterscheid zwischen Sonnenbrand und Rost.

    Gruß von Kaba (dem Theoretiker nur echt mit zehn Daumen)
    "Wilma": LPG-vollabhängiger Pössl 2WinR 25 Jahre Citroën, 2,2l 150PS Heavy, 140W Solar, 190Ah, 1500W WR, Sat+TV, böse Nespressomaschine, EZ 06/15

  • Steff,wir danken für den wunderschönen Reisebericht und den schönen eindrucksvollen Bildern.
    Wir waren noch nie in Norwegen,aber es wird bestimmt auch mal unser Weg werden.

    Grüße Uwe und Ute aus Magdeburg


    Unterwegs mit unsern Fiat Ducato Maxi " Schnecke ",,,Carthago / malibu van 600 DB 2 low-bed ,,, Winker

  • Nach dem Museumsbesuch ist es 17 Uhr und das Wetter weiter mies, soll aber ab morgen für wieder mal drei Tage gut werden. Anne & Matthias wollen noch ein paar Wanderungen machen, wir hingegen unseren Urlaub gemütlich ausklingen lassen. Schon im Vorfeld haben wir uns dafür das Nissedal ausgesucht, dahin fahren wir jetzt. Einmal quer von Karmøy an der Westküste in die Telemark. Wir fahren u. a. über die E134 (Haukelivegen) - wieder mal tolle Landschaften, aber im Dauerregen. Nach etwa 300 km erreichen wir gegen 23 Uhr die Telemark, übernachten im Wald bei Kviteseid und steuern am nächsten Morgen einen Campingplatz am Westufer des Sees Nisser an. Zuvor halten wir für ein Foto auf einem Parkplatz mit "Turistinformasjon" - ein Glücksfall.



    Die Landschaft erinnert irgendwie an das Yosemite-Valley - nur mit mehr Wasser.


    Der Campingplatz "Nisser" bei Fjone ist gut gefüllt, nahezu ausschließlich mit Norwegern. Bei 17 Grad Luft- und 16 Grad Wassertemperatur machen die hier Badeurlaub. Am See gibt es angeblich die schönsten und längsten Süßwasser-Badestrände Norwegens. Wir finden noch ein schönes Plätzchen am Strand und fühlen uns wie im Urlaub ....







  • Für uns verweichlichte Mitteleuropäer sind die Temperaturen nicht sooo einladend für ein Bad. Und hier kommt der oben genannte Glücksfall ins Spiel: Bei der Turistinformasjon lagen zwei Faltkarten der Nord- bzw. West-Telemark aus, auf ihnen eingetragen Freizeitmöglichkeiten, Touristenattraktionen etc. Ohne Beschreibung, nur mit Foto und Vermerk auf der Karte. Und das Foto "Jettegrytene" hat es uns angetan. Nie zuvor gehört, aber das WWW klärt uns auf, dass es sich um Gletschertöpfe handelt, die als Badeziel recht beliebt sind. Also hin.


    Der Weg führt in den Weiler Eikhom, wo die Straße endet. Für die Weiterfahrt muss zunächst eine Maut entrichtet werden, da die Zufahrt über eine Privatstraße eines Wasserkraftwerkes erfolgt. Wie oft in Norwegen üblich, steckt man das Geld (hier: 50 NOK) in einen bereit gelegten Briefumschlag und wirft diesen in einen Briefkasten. Dann öffnet man die Absperrung, fährt durch und schließt sie wieder.





    Die Gletschertöpfe "Jettegrytene" kamen zum Vorschein, als man in den 60er Jahren den Großteil des Wassers dieses kleinen Flusses zwecks Elektrizitätsgewinnung* umleitete. Seither fließt nur noch ein Bach durch das Flussbett, gerade so viel, dass die Töpfe ständig gefüllt sind. Das Wasser fließt über ausgewaschene Granitplatten und kann sich daher, wenn die Sonne scheint, auf angenehme Temperaturen erwärmen.


    *Norwegen gewinnt 98% der benötigten elektrischen Energie aus Wasserkraft. Atom- und Gaskraftwerke gibt es nicht, auf Spitzbergen steht das einzige Kohlekraftwerk.

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